Peter Stockreiter: „Unser Ziel ist die größtmögliche Einsparung an Kohlendioxid im Wohnungsbau“

Dienstag, 05. November 2019 | Autor: Joachim Berner

Peter Stockreiter Peter Stockreiter Im Frühling hat sich das Netzwerk Solarhaus Österreich gegründet. Es wirbt für ein Energiekonzept in Wohngebäuden, dass zu 100 Prozent auf erneuerbaren Energien fußt. Im Interview mit Pelletshome.com erklärt Initiator Peter Stockreiter, welche Anforderungen das Netzwerk an ein Solarhaus stellt, welchen Vorteil die Solarthermie bringt und ob sich auch mit Solarstrom heizen lässt. Stockreiter war bereits einer der Gründer der Initiative Sonnenhaus Österreich und acht Jahre als deren Geschäftsführer tätig.

Herr Stockreiter, warum haben Sie das Netzwerk Solarhaus gegründet?
Es gibt eine hohe Notwendigkeit für die Reduktion von Kohlendioxid, was kaum noch von jemandem bestritten wird. Und es gibt einen großen Nachholbedarf in der Wärmewende. Laut einer Studie der TU Wien von 2018 werden immer noch 60 Prozent der Wärme in Österreich mit fossilen Energieträgern erzeugt. Das führt dazu, dass rund 20 Prozent des heimischen Kohlendioxid-Ausstoßes durch das Heizen verursacht werden. Hier liegt also ein bedeutender Hebel, um Treibhausgase einzusparen.

Wie wollen Sie das erreichen?
Dabei denke ich an Konzepte mit weitgehend solar beheizten Gebäuden. Als Geschäftsführer der Initiative Sonnenhaus Österreich habe ich mich von 2011 bis 2018 intensiv mit einem Bau- und Energiekonzept beschäftigt, bei dem mindestens 50 Prozent des Wärmebedarfs solar erzeugt werden. Jetzt wollen wir einen Schritt weitergehen – und zwar einen großen. Es muss so viel Kohlendioxid wie nur irgend möglich eingespart werden und dabei müssen Wärme und Strom zusammen betrachtet werden. Deshalb gehen wir bei unserem Solarhaus-Konzept aufs Ganze: Die Energieversorgung für Wärme und für Strom muss kohlendioxidfrei sein. Außerdem sollte die Gebäudehülle nach Möglichkeit kohlendioxidneutral sein.

Welche Aufgaben übernimmt die Initiative?
Wir wollen handeln und sofort anwendbaren, effektiven Klimaschutz vorantreiben, anstatt auf Lösungen von oben zu warten. Deshalb wollen wir unser Solarhaus-Konzept bekannt machen und dafür sorgen, dass es möglichst oft in die Praxis umgesetzt wird. Dazu informieren wir zukünftige Bauherren über das Konzept, unterstützen sie in ihrer Planung und beraten zu Fördermöglichkeiten. Außerdem werden wir zu Schulungen für die Netzwerkpartner einladen.

Wer sind ihre Partner?
In unserem Netzwerk sind Gewerbe- und Industriefirmen aus der Bau- und Haustechnikbranche engagiert ebenso wie Architektur- und Planungsbüros oder Installations- und Zimmereibetriebe. Unsere 32 Gründungspartner haben ihren Sitz in Deutschland, Österreich und Südtirol. Wir arbeiten auch mit dem Forschungsinstitut AEE INTEC, mit Klimaaktiv – der Klimaschutz-Mitmachbewegung des österreichischen Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus – und dem Haus der Baubiologie in Graz zusammen.

Was sind die Ziele ihres Netzwerks?
Langfristig wollen wir unser Solarhaus-Konzept als Baustandard in Österreich und Südtirol etablieren. Kurzfristig wollen wir zum Umdenken in der Bevölkerung beziehungsweise von Bauherren beitragen und ein größeres Bewusstsein für die Notwendigkeit, aber auch die Möglichkeiten einer kohlendioxidfreien Energieversorgung schaffen.

Welche Anforderungen stellen Sie an ein Solarhaus?
Bei einem Solarhaus nach unserer Definition muss die Energie für die Raumwärme, Warmwasser und Strom zu 100 Prozent kohlendioxidfrei erzeugt werden. Die Energie für die Beheizung und zur Erwärmung des Dusch- und Trinkwassers soll zu mindestens 70 Prozent aus Solarthermie stammen. Der Restenergiebedarf kann mit einer Holzheizung oder einer Wärmepumpe gedeckt werden. Wird eine Wärmepumpe genutzt, muss sie mit Solarstrom vom eigenen Dach oder zertifiziertem Ökostrom betrieben werden. Letzteres gilt für die gesamte Stromversorgung in dem Gebäude. Der Bedarf an elektrischer Energie kann wahlweise durch selbst erzeugten Solarstrom oder einen Öko-Stromvertrag mit UZ46-Zertifikat gedeckt werden.

Bei der Wärmeerzeugung setzen Sie auf Solarthermie. Wäre auch die Kombination von Photovoltaik und Wärmepumpe möglich?
Bei unserer Entscheidung für Solarthermie waren zwei Gründe ausschlaggebend. Zum einen erzielt Solarthermie einen wesentlich höheren Energieertrag im Winter als Photovoltaik, zum anderen hängt es mit der politischen Unterstützung durch die Politik zusammen. Der Klima- und Energiefonds der österreichischen Bundesregierung fördert seit 2014 besonders energiesparende Häuser. In dem Förderprogramm „Demoprojekt Solarhaus“ wird für Gebäude mit einem solaren Deckungsgrad von mindestens 70 Prozent ein Zuschuss bis zu 50 Prozent der umweltrelevanten Investitionskosten gezahlt. Deshalb orientieren wir uns im Punkt „CO2-freie Energieversorgung“ an diesem Förderprogramm und setzen 70 Prozent solaren Deckungsgrad durch Solarthermie voraus. Die Förderung ist ein Anreiz für Bauherren, sich für diese Bauweise zu entscheiden.

Wie sehen Sie generell die Fördersituation für erneuerbare Energien im Wohnungsbau?  
Meiner Meinung nach machen die Verantwortlichen viel zu wenig, um ein Umdenken in Richtung kohlendioxidneutrale Energieversorgung zu forcieren. Es wird zu viel Fokus auf andere Themen gelegt, während konkrete Maßnahmen zum Erreichen der Klimaziele aus dem Pariser Abkommen vernachlässigt werden. Es fehlen Vorgaben im Gebäudesektor, um die Nutzung klimaschonender Energieerzeugung voranzubringen. Wir meinen jedenfalls, noch mehr Diskussion und Forschung ist nicht nötig, Konzepte liegen vor. Wir sollten jetzt schnell das umsetzen, was möglich ist und konsequent in hohem Maße Kohlendioxidemissionen senken.

Das Interview hat das Kommunikationsbüro Ina Röpcke zur Verfügung gestellt. Es wurde von der Pelletshome-Redaktion bearbeitet.

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